Natürliche Methoden
Natürliche Familienplanung / Apps
Dich nervt, dass immer, wenn du deine Frauenärztin oder deinen Frauenarzt nach der Verhütung fragst, sie oder er mit einem Pillenrezept wedelt oder dir eine Spirale einlegen will? Du willst aber keine Hormone und nichts in der Gebärmutter haben? Dann kommt die NFP für dich in Frage. NFP steht für Natürliche Familienplanung und versucht mit verschiedenen Kriterien die fruchtbaren Tage im Zyklus (das sogenannte „fertile (Zeit-)Fenster“) zu bestimmen. An möglichen fruchtbaren Tagen darfst du nicht (oder nicht ohne andere Verhütungsmittel wie z.B. Kondom) Sex haben.
Im engeren Sinne versteht man unter NFP die symptothermale Methode, bei der frau die fruchtbaren Tage durch die Messung der Körpertemperatur bestimmt und gleichzeitig den Gebärmutterhalsschleim (dem sogenannten Zervixsekret, ist aber nicht die Schwester von Viktoria’s Secret) beobachtet. Diese Methode dürfte auch die bei weitem Sicherste sein.
Im erweiterten Sinne sind auch die jeweils alleinige Nutzung nur der Temperaturmethode, die Beobachtung des Zervixsekrets (Billings-Methode) oder die Zyklusbeobachtung („Kalendermethode nach Knaus-Ogino“) damit gemeint.
Moderner anmutende Verfahren nutzen computergestützte Programme, teils mit Bestimmung von Hormonen im Urin oder Apps. Aber auch diese sind im Vergleich zur symptothermalen Methode zum Teil erheblich unsicherer.
Bei der natürlichen Familienplanung wird durch Beobachtung von körperlichen Veränderungen im Lauf des Zyklus der Zeitpunkt des Eisprungs und damit die fruchtbare und die unfruchtbare Phase im aktuellen Zyklus bestimmt.
In der fruchtbaren Zeit ist Sex dann nur mit zusätzlichen Methoden (z.B. Kondom erlaubt) in der unfruchtbaren Zeit kann man ohne weitere Verhütung Sex haben.
Bei reinen Kalendermethoden (unter anderem in vielen Apps) werden aus den vorherigen Zyklen der mutmaßliche Zeitpunkt des aktuellen Zyklus überschlagen.
Bei der sichersten und am besten erforschten symptothermalen Methode wird der Anstieg der Körpertemperatur nach dem Eisprung und die Beschaffenheit des Zervixsekrets begutachtet und damit fruchtbaren Tage ermittelt.
Hier ist der Pearlindex auch relativ gut, insbesondere wenn die Anwenderin vorher sehr genau unterwiesen wurde. In Deutschland erfolgt das z.B. durch senisplan, einer seit Jahrzehnten an den Universitäten Düsseldorf und Heidelberg wissenschaftlich mitgeleiteten Verfahren. Hier erfährst du darüber mehr.
Es gibt neben klassischen NFP-Methoden wie Sensiplan, NFP nach Rötzer und nach Weschler mittlerweile immer mehr auf dem Markt befindliche Apps, deren Sicherheit aber meist nicht in Studien belegt wurde, insbesondere wenn die App nur eine „elektronische Kalendermethode“ ist und durch Eingabe der letzten Zyklen das fruchtbare Fenster lediglich abschätzt (in der Eigenwerbung wird das dann aber etwas beschönigend „künstliche Intelligenz“ genannt).
Um diese Frage zu beantworten, sind zwei Punkte zu beachten:
- Wie lange sind die Spermien befruchtungsfähig? und
- Wie lange ist die Eizelle befruchtungsfähig?
Die Spermien sind bis zu 5 Tagen, in Einzelfällen („Super(sa)men“) bis zu 6 Tagen befruchtungsfähig sein. In der Scheide überstehen Sie nur maximal einige Stunden, aber im Gebärmutterhals können sie mehrere Tage überleben. Das bedeutet, dass Geschlechtsverkehr bis 6 Tage vor dem Eisprung „gefährlich“ ist.
Damit ist ungeschützter Sex (unter dem Aspekt der Verhütung) sieben Tage vor bis 1 Tag nach dem Eisprung gefährlich, das sogenannte Konzeptionsoptimum (also die gefährlichste Zeit, wenn man nicht schwanger werden will, sind 48 Stunden vor bis 12 Stunden nach dem Eisprung
Wichtig zu wissen: Frauen die einen Mittelschmerz spüren („Ich merke meinen Eisprung immer“) können nicht davon ausgehen, dass dann 24 h später nichts mehr passieren kann, denn der Mittelschmerz kann auch Körperveränderungen, die dem Eisprung vorangehen, entsprechen und bis zu zwei Tage vor dem eigentlichen Eisprung auftreten!
Die fruchtbare Phase im Zyklus dauert also ungefähr 7 Tage. Leider kann aber niemand vorher genau abschätzen, wann im Zyklus einer bestimmten Frau diese Phase beginnt und endet. Der Eisprung ist ca. 12-16 Tage vor der nächsten Periode. Die Kalendermethode nach Knaus-Ogino schätzt aufgrund der letzten Zyklen den Zeitpunkt der nächsten Periode ab und damit den Eisprung. Diese ist aber mit einem Pearl-Index von 5 bis 9 für sich zu ungenau und wird deshalb nicht mehr empfohlen.
Bei der klassischen NFP wird der fruchtbare Zeitraum über den Zervixschleim und die Temperaturveränderung bestimmt und ist damit deutlich genauer festgelegt.
Bei jeder Methode der NFP gibt es zu diesen 7 Tage noch „Sicherheitsaufschläge“, insbesondere bei unregelmäßigen Zyklen. Deswegen dauert die errechnete fruchtbare Phase länger als die tatsächliche fruchtbare Phase.
Die Dauer des fruchtbaren Fensters beträgt sieben Tage. Um mit dieser Information sicher zu verhüten, muss frau sich also fragen, wann es beginnt und wann es endet. Grob vereinfacht gilt:
Basaltemperatur: Durch die hormonellen Veränderungen um den Eisprung herum, verändert sich die Körpertemperatur einer Frau um bis zu 0,5 °C. Unter Verwendung eines geeigneten Thermometers und zu standardisierten Bedingungen immer unmittelbar nach dem Aufwachen, ist davon auszugehen, dass nach drei höheren Temperaturmessungen die unfruchtbare Zeit nach dem Eisprung beginnt.
Zervixschleim: Die Zervix ist der Gebärmutterhals. Durch den Gebärmutterhals führt der Gebärmutterhalskanal, durch den die Spermien in die Gebärmutter gelangen. Dieser Kanal wird vom Zervixschleim entweder blockiert oder ist an den fruchtbaren Tagen durchlässig für Spermien, abhängig von der Beschaffenheit des Zervixschleims. Der Schleim, den frau auch am Scheideneingang fühlen kann, ändert vor dem Eisprung seine Konsistenz und ähnelt dem Eiweiß eines rohen Eis. Spätestens, wenn der Schleim beginnt, sich zu verändern, beginnt die fruchtbare Phase vor der Ovulation
Mit der Bestimmung dieser beiden Parameter kann in Zusammenspiel mi der Zykluslänge der frühestmögliche Beginn des fruchtbaren Fensters und dessen spätestes Ende ermittelt werden. Dazu gibt es z. B. bei NFP mit Sensiplan auch besondere Unterweisungen, die von geschultem Personal vorgenommen werden.
Ausgehend von Konzepten der NFP haben sich mehrere Zykluscomputer und spätere Verhütungsapps etabliert. Diese sind teils aus Programmen entstanden, die ursprünglich bei Kinderwunsch den optimalen Zeitpunkt zur Befruchtung errechnen sollten.
Hier zu unterscheiden sind Apps, die nur durch die Eingabe des Zyklus die fruchtbare Phase abschätzen und Systeme, die durch zusätzliche Untersuchungen (Temperatur, Zervixschleim Hormonbestimmung im Urin), diese genauer zu berechnen versuchen.
Verhütungsapps, die nur durch Eingabe der vergangenen Zyklen die fruchtbare Phase im aktuellen berechnen sind relativ unsicher und für die Verhütung nicht sicher.
Unter Hinzuziehung der Messung der Basaltemperatur kann frau den Beginn der unfruchtbaren Phase nach dem Eisprung bestimmen, diese Apps können sicher sein, haben aber Probleme den Beginn des fruchtbaren Fensters gut vorherzusagen.
Apps mit Selbstbeobachtung:
Es gibt Apps, die die klassische NFP (Zervixschleim, Basaltemperatur) verwenden. Diese dürften etwas sicherere Apps sein, allerdings sollte auch hier die Anwenderin in der Selbstbeobachtung geschult sein.
Geräte mit Hormonbestimmung
Es gibt Apps und Computer, die mit Teststreifen bestimmte Hormone im Blut nachweisen können. Der Anstieg dieser Hormone vor dem Eisprung kann die fruchtbare Phase besser vorhersagen, aber auch darunter liegt der Pearl-Index bei mindestens 6, sofern es überhaupt vernünftige Studiendaten gibt.
Vorteile
Vorteile der NFP sind die hormonfreie Verhütung, es gibt keine medizinischen Kontraindikationen und keine Nebenwirkungen. Anwenderinnen bekommen ein Gefühl für ihren Körper und ein besseres Verständnis über die normalen Vorgänge im Zyklus. Dieses Wissen kann auch bei später anstehendem Kinderwunsch helfen.
Nachteile
Damit die NFP eine annehmbare Sicherheit hat, bedarf es einer gründlichen Schulung, z. B. bei Senisplan und nach der Schulung einer gewissenhaften „Mitarbeit“. Aus den im Idealfall sieben fruchtbaren Tagen pro Zyklus werden - damit die verhütende Sicherheit hoch bleibt - auch mal 14 Tage, an denen Frau und Mann nicht ungeschützt Sex haben können. Viele Programme und insbesondere Apps können wegen fehlender Daten nicht als sichere Verhütung eingestuft werden.
Sicherheit
Leider werden unter NFP viele verschieden Methoden zusammengefasst und der Pearl Index nicht immer von Methode unterschieden. Für viele Apps gibt es keine seriöse wissenschaftliche Ermittlung des Pearl-Index. Die Sicherheit der klassischen symptothermalen Methode (inklusive einer Einweisung der Anwenderin durch geschultes Personal liegt bei ca. 2 Schwangerschaften im Jahr pro Hundert Frauen), bei dem Computersystem Persona liegt sie bei 6, bei reinen Kalendermethoden bei 9.
NFP ist gut geeignet für Frauen, die vielleicht in absehbarer Zeit schwanger werden wollen, und über ihren Körper und Fruchtbarkeit mehr erfahren wollen. Für Frauen, die keine Hormone und keine Spirale haben wollen kann sie eine gute alternative sein.
Sie ist eher ungeeignet für Frauen mit unregelmäßigen Zyklen. Sie ist für Stillende und schichtarbeiterinnen eher weniger geeignet. Sie ist nicht sofort anwendbar, sondern braucht einige Monate Vorlaufzeit. Für Frauen, die sich nicht viel Kopf um die Verhütung machen wollen oder nicht sehr strukturiert sind, können ist sie auch nicht geeignet.